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Das Piktorialismus-Portal ermöglicht erstmals umfangreiche Recherchen zur Bild-, Publikations- und Ausstellungsgeschichte der Kunstfotografie um 1900 im deutschsprachigen Raum. Zudem präsentiert das Portal aktuelle Forschungsergebnisse zum Piktorialismus, die auf dem internationalen Symposium „Inspirationen – Interaktionen: Kunstfotografie um 1900 neu betrachtet“ vom 21. bis 23. November 2013 im Museum für Fotografie in Berlin vorgetragen wurden.

Forschungsprojekt Piktorialismus

Hervorgegangen ist das Piktorialismus-Portal aus einem 16-monatigen Forschungsprojekt der Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin, dessen Ziel die wissenschaftliche Bearbeitung der eigenen Bestände zur Kunstfotografie um 1900 war. Im Zentrum des Projekts stand die Sammlung von Ernst Juhl, einem der wichtigsten Wegbereiter des Piktorialismus in Deutschland. Die Erschließung des Forschungsarchivs des Fotohistorikers Enno Kaufhold zum Piktorialismus hat es zudem ermöglicht, die Bestände der Kunstbibliothek mit den im deutschsprachigen Raum publizierten und ausgestellten Kunstfotografien um 1900 zu kontextualisieren. Ermöglicht wurde das Forschungsprojekt durch die Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Kunstfotografie um 1900

Im Fokus des Projektes steht eines der vielgestaltigsten Kapitel der Fotografiegeschichte. Die Kunstfotografie um 1900, auch als Amateurfotografie oder bildmäßige (nach dem englischen pictorial) Fotografie und daher auch als Piktorialismus bezeichnete Strömung, zeichnet sich ästhetisch vor allem durch die wechselseitigen Inspirationen zwischen Fotografie, Malerei und den anderen grafischen Künsten aus. Seit den 1880er Jahren traten äußerst ambitionierte, in lokalen Vereinen organisierte und international vernetzte Amateure auf den Plan, um der Fotografie Anerkennung als Kunst zu verschaffen. Grundlage für ihren Austausch waren regelmäßige Ausstellungen, Publikationen und Vereinszeitschriften. In Abgrenzung zu den etablierten Berufsateliers hatten die Kunstfotografen ästhetische Überzeugungen, sie experimentierten mit aufwendigen Abzugstechniken und erfanden neue Bildgestaltungen. Die malerischen und grafischen Texturen der piktorialistischen Fotografien lassen dabei ebenso die Nähe zur Malerei wie den Einfluss von Impressionismus, Jugendstil und Symbolismus erkennen. Die Hauptsujets der Kunstfotografie um 1900 sind Porträt, Landschaft und Genre.

Die Sammlung zur Kunstfotografie um 1900 in der Kunstbibliothek

Ausgangspunkt für das Forschungsprojekt war die Sammlung von Ernst Juhl (1850-1915), der zu den wichtigsten Förderern der kunstfotografischen Bewegung in Europa gehörte. Juhl entstammte einer Hamburger Kaufmannsfamilie, war wirtschaftlich unabhängig und setzte sich als Kurator, Ausstellungsorganisator, Redakteur der „Photographischen Rundschau“, Autor und Juror bei internationalen Ausstellungen, aber auch als Sammler für die künstlerische Emanzipation der Fotografie ein. Seine zwischen 1893 und 1911 zusammengetragene Sammlung umfasste rund 800 Werke und gehörte somit zu den umfangreichsten privaten Piktorialismus-Kollektionen seiner Zeit. In Berlin waren Teile der Sammlung erstmals 1910 in einer Ausstellung im Königlichen Kunstgewerbemuseum zu sehen. Nach dem Tod von Ernst Juhl wurde seine Sammlung vom Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg und von der Bibliothek des Berliner Kunstgewerbemuseums, der heutigen Kunstbibliothek, angekauft. Weitere Teile des Nachlasses wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Die Sammlung Juhl, die nun konservatorisch und wissenschaftlich erschlossen wurde, bildet zusammen mit der Sammlung Matthies-Masuren den Kernbestand der Kunstfotografie um 1900 in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin. Der Maler und Schriftsteller Fritz Matthies-Masuren (1873-1938) setzte sich seit den 1890er Jahren ähnlich intensiv wie Ernst Juhl mit der künstlerischen Amateurfotografie auseinander. Seine Sammlung gelangte zunächst als Leihgabe, ab 1924 dann dauerhaft in die Kunstbibliothek. Sie wurde 2003 von Christine Kühn präsentiert und publiziert. Über die beiden Nachlässe hinaus gibt es zahlreiche weitere Einzelblätter, Akzidenzdrucke, Alben und Werkgruppen, die dem Piktorialismus-Bestand an der Kunstbibliothek zugerechnet werden können. Insgesamt sind nun 680 piktorialistische Arbeiten aus der Kunstbibliothek im Portal recherchierbar, wobei 162 Arbeiten der Sammlung Juhl und 141 Arbeiten der Sammlung Matthies-Masuren zugehörig sind.

Claudia Pfeiffer, Ulrich Rüter und Lars Spengler